Depression: … die nehme ich mit in den Urlaub.
Meine Frau und ich hatte durch glückliche Umstände die Möglichkeit einen zweiwöchigen Urlaub an der Ostsee zu machen. Wir hatte eine kleine Ferienwohnung mit direktem Blick auf das Meer.
Wir waren nicht das erste Mal in dieser Gegend, doch das lag schon sehr lange zurück. Trotzdem erkannten wir vieles wieder und andere Dinge neu. Das Wetter war genial in dieser Zeit. Sonne, eine leichte Brise vom Meer her, Möwengeschrei, einfach perfekt. Es tat gut aus der häuslichen Normalität mal auszubrechen.
Vom ersten Tag an nahm ich immer meine Kamera mit, um das festzuhalten, was ich neu, oder wieder entdeckte. Einige Bilder sind gut geworden, andere nicht, was mich aber nicht wirklich störte. Wir machten jeden Tag mindestens einen Ausflug. Mal nur am Vormittag, oder auch mal einen ganzen Tag. Ich mag das Meer, die Küste den Hafen, das ganze maritime Umfeld.
Doch es sollte nicht dabeibleiben!
Am Anfang der zweiten Urlaubswoche bekam ich einen heftigen depressiven Schub. Ich war nicht mehr in der Lage nach draußen zu gehen. Auch der Blick vom Balkon auf das Meer konnte mich nicht mehr erfreuen. Am Abend sprach ich mit meiner Frau darüber, ob ich nicht die Kamera-Ausrüstung verkaufen sollte. Die Bilder, die ich bis dahin fotografiert habe, waren so typische Urlaubsfotos, nichts Besonderes. Ich habe es als „Knipserei“ bezeichnet. Für sowas reicht eine Handykamera völlig aus.
Doch im gleichen Atemzug versuchte ich mir Gedanken zu machen, was ich als Alternative zur Fotografie zu meinem neuen Hobby machen könnte. Nur die Zeit daheim absitzen war keine wirkliche Alternative für mich. Ich könnte mir wieder ein gebrauchtes Motorrad holen um mir wieder den Fahrtwind um die Nase wehen zu lassen. Ausflugsziele in der Ferne besuchen. Fotos könnte ich auch mit dem Smartphone machen.
Meine Frau fragte mich, ob ich das wirklich als Alternative zur Fotografie sehe. Ich horchte in mir rein und sagte dann: „Eher nicht.“ Denn ich würde wohl das Motorrad wie jetzt meinen 50er Roller mehr in der Scheune stehen haben, als darauf die Gegend zu erkunden. Also doch kein Ausgleich zur Fotografie.
Der depressive Schub arbeitete weiter an mir und meinem Selbstwertgefühl. Das Ganze ging so ca. 2 Tage, bis ich wieder in der Wirklichkeit angekommen bin. Das waren zwei „verlorene“ Tage, oder auch nicht. Denn ich habe dem Drang wieder einmal alles zu verkaufen nicht nachgegeben. Ich habe den Rest des Urlaubes weiter fotografiert und so nach und nach finde ich auch Fotos die mir gefallen, auch wenn sie typische Touri-Bilder sind.
Mir wurde durch die Situation klar, dass egal wohin ich auch gehe, dass die Depression mitgeht.
Urlaub davon zu machen ist nicht möglich.