Depression

Depression: „The Final Cut!”

Irgendwie mag ich es nicht, solche englischen Überschriften über einen deutschen Text. Doch mir fiel nichts Besseres ein, was die Situation umschreibt. „Der finale Schnitt“ hört sich komisch an, jedenfalls für mich.

Das Foto hatte ich schon einige Zeit in meinem Kopf. Der erste Versuch hat leider nicht funktioniert, aber ich wollte nicht aufgeben. Das Thema war mir zu wichtig. Heute war es dann so weit, dass Foto passte, und nach der Bearbeitung war es so wie ich es mir vorgestellt habe.

Für den Text brauchte ich nur 10 Minuten, dann war alles, was ich mit dem Foto ausdrücken wollte, in Sätze gefasst.

„The Final Cut!“

Als ich mich vor fast 10 Jahren von meiner Familie (Eltern und zwei Brüder) bewusst getrennt habe kamen natürlich immer wieder die Frage auf, ob das richtig war. Doch was ich von meiner Familie (außer meinem Vater!) zu hören bekam, machte einen Rückkehr unmöglich. Zu verletzend waren die Worte die schriftlich wie mündlich mir entgegengeworfen wurden.

In den darauffolgenden Jahren kamen immer wieder diese Gedanken hoch und die Frage, ob ich bei meiner Familie wieder melden sollte. Doch am Ende dieses Gedankens stand ein klares NEIN!

2018 ist mein Vater verstorben. Um ihn habe ich getrauert, denn er war auch irgendwie gefangen in seiner Situation. Per Zufall habe ich damals die Traueranzeige zu lesen bekommen. Dort wurde ich als Sohn nicht mehr aufgeführt. Das zeigte mir das meine Familie auch Schluss gemacht mit meiner Person.

Nun ist dieses Jahr, Ende März, meine Mutter verstorben, was ich erst Wochen später erfahren habe. Eigentlich erst als mein älterer Bruder mich anrief und fragte, ob ich mich an den Beerdigungskosten beteiligen würde. Das Telefongespräch war nach 30 Sekunden vorbei.

Mit meiner Mutter ist die Hauptperson verstorben, die mich damals zu der Trennung geführt hatte. Theoretisch müsste doch jetzt alles wieder rund laufen, oder? Falsch gedacht! Die Dinge, die damals passiert sind, sind ja nicht durch den Tod eines Menschen verschwunden. In den letzten Jahren konnte ich den Menschen, wie meine Mutter vergeben, mein christlicher Glaube hat mir dabei geholfen. Doch Vergebung heißt nicht, dass man es vergessen hat. Man kann im Gedächtnis die negativen Erlebnisse löschen wie auf einer Festplatte.

So ziehen auch heute noch immer wieder dunkle Wolken in meinem psychischen Dasein, die mich zu meiner Depression führen. Der große Familienstamm ist schon lange abgeschnitten, doch das Erlebte bleibt.

4 Kommentare

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    Marion

    Guten Abend Holger, Danke für Deine offenen Worte. Und ich bin froh, dass ich von mastodon zu Deiner Website und dem o.g. Text gewechselt bin. Ich habe einige Jahre Dienst an einem Krisentelefon gemacht und das Foto hatte mich zu einer Erinnerung an ein Gespräch geführt. Aber Deine Geschichte ist Deine Geschichte – und ich bin jetzt erleichtert. Alles Gute und Menschen an Deiner Seite, die Dich in den Arm nehmen können, wenn Du es brauchst – das wünsche ich Dir, Marion

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    Alex

    Hallo Holger, vielen Dank für deinen Text. Hab ja dein Blog im RSS Feedly abonniert und lese auch auf Mastodon mit. Deshalb war ich doch interessiert was hinter dem Titel steckte. Ich habe das Gefühl, dass Dein Text mehr Menschen hilft und auch Dir selber, das finde ich sehr gut und wichtig.
    Sehr ähnliche Dinge passierten in meinem Umfeld und es tut gut, Deinen Beitrag zu lesen. Mehr kann ich gerade nicht öffentlich schreiben.

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