Depression

Depression: Antidepressiva … Segen und/oder Fluch?

Ich habe in letzter Zeit einige Dokumentationen über das Thema Antidepressiva angesehen. Hier werde ich meine persönlichen Gedanken dazu vermitteln. Gleich zu Anfang, ich nehme Antidepressiva. Schon ca. 10 Jahre. Deswegen erlaube ich mir eine Meinung.

Wann sollte man Antidepressiva nehmen, wann nicht. Ich glaube das ist die schwerste Frage. Was im Vorfeld unbedingt klar sein muss, welche Form von Depression liegt vor. Die grobe Klassifizierung geht da von leichter, mittelschwerer und schwerer Depression aus. Aber dazwischen gibt es halt auch eine Grauzone. Meine Diagnose lautet z.B. Posttraumatische Belastungsstörung mit mittel-schwerer Depression.

Daraufhin wurde versucht mit der Einnahme von Antidepressiva mir Erleichterung zu verschaffen. Dazu kam dann noch der erste 3-monatige stationäre Aufenthalt in einer Fachklinik. Gerade dort wurde neben vielen anderen Therapiemöglichkeiten auch versucht die passende Medikation für mich zu finden.  

Was bei der Vergabe von Antidepressiva schwer ist, ist 1. Das richtige Medikament (es gibt sehr viele unterschiedlich Medikamente und Hersteller) zu finden. Und Nummer 2 die passende Dosis, die je nach Patienten völlig unterschiedlich sein kann, zu finden.

Was man auch wissen sollte, ist das Antidepressiva nicht sofort wirken, wie z.B. eine Kopfschmerztablette. Mir wurde vom Psychiater erklärt, dass diese 3-4 Wochen brauchen, um ihre volle Wirkung zu entfalten. Wenn man dann, wie bei mir, mit einer kleinen Dosis anfängt, was ich für richtig halte, kann es sein das nach 3-4 Wochen die Dosis erhöht werden muss, damit überhaupt eine Wirkung sich zeigt. Das wären dann schon ca. 2 Monate von der ersten Einnahme bis zur Wirkung. Doch auch dann kann es wieder sein das keine ausreichende Wirkung festgestellt wird. So ist es bei mir geschehen.

Daraufhin hat der Psychiater ein anderes Medikament mir verschrieben und das Ganze ging dann wieder von vorne los. Erst musste das erste Medikament bzw. dessen Wirkstoff aus dem Körper sich verflüchtigen. Das dauert je nach Medikament 2-4 Wochen. Erst danach kann man mit dem neuen Medikament anfangen und muss auch da wieder 3-4 Wochen warten, um festzustellen, ob eine Verbesserung der psychischen Situation eintritt.

Bei mir hat es insgesamt ca. 1 Jahr gedauert, bis die passende Medikation gefunden wurde. Klar, ich habe mich wie ein Versuchskaninchen gefühlt, aber anders war es nicht möglich.

Grundsätzlich ist es wichtig das die Kommunikation zwischen Arzt und Patient funktioniert. So wusste ich auch durch Gespräche, warum es so lange dauern kann (nicht muss!). Da jeder Mensch mit Depressionen eine einzigartige Person ist, gibt es auch nicht „DIE PILLE“ dagegen.  Was mir hilft, muss nicht zwangsweise anderen helfen. Deswegen habe ich mich auch aus diversen Selbsthilfe-Foren verabschiedet, da es dort immer wieder „Empfehlungen“ gab, welche Medikamente besser/schlechter sind und am schlimmsten sind dann die Vorschläge, die Medikamente abzusetzen, ohne Rücksprache mit dem Arzt. Das ist eine ganz gefährliche Situation, in die man dann kommen kann!

Depression

Nun kommen wir zu einem weiteren Thema, den Nebenwirkungen.

Dabei spreche ich z.B. von erheblicher Gewichtszunahme. Es sind nicht nur 2-3kg, sondern eher 20-30k! So jedenfalls bei mir. Der Versuch davon runterzukommen ist extrem hart und nur durch sehr viel Selbstdisziplin möglich. Wenn man es geschafft hat, mal 5-8kg runterzubekommen, kann es passieren, dass man während einer depressiven Episode dieses Gewicht in kürzester Zeit wieder darauf hat. Ergebnis, man fühlt sich wieder schlecht, weil man nicht stark genug war, die Kühlschranktür geschlossen zu lassen. So kann es immer wieder geschehen, also eine scheiß Spirale.

Eine andere nicht weniger schlechte Nebenwirkung ist der Verlust der Libido oder im Klartet, der Potenz. Denn diese wird durch die Antidepressive teilweise oder ganz lahmgelegt. Dagegen kann man nur mit potenzsteigernden Mitteln entgegenwirken. Was auch nicht immer funktioniert.

Auch das Nachlassen der Wirkung von einzelnen Medikamenten kann eintreten. Das liegt daran das sich der Körper an die Einnahme gewöhnt hat und der Wirkstoff nicht mehr zur Geltung kommt. Dann heißt es ein anderes Medikament ausprobieren, was wieder Wochen/Monate gehen kann, bis ein passender Ersatz gefunden wird.

Also wenn man das so liest, könnte man zum Überzeugung kommen, dass Medikamente auch nicht der Weisheit letzter Schluss sind. Da kann ich aus meiner Situation nur bedingt zustimmen. Es ist eher ein Abwägen, was schlimmer ist. Weiterhin an starken Depressionen leiden, die durchaus den Gedanken an einen Suizid hochkommen lassen, oder lieber die Nebenwirkungen in Kauf nehmen. Ich persönlich habe mich für die Medikation entschieden, denn ich weiß, was es bedeutet, ohne zu leben. Denn das ist kein lebenswertes Leben! So meine Meinung zu diesem Thema.

Jeder Patient muss es für sich selbst entscheiden. Dies hier ist nur meine persönliche Meinung und ist sicher nicht zwangsweise auf andere Menschen mit Depressionen übertragbar.

6 Kommentare

  • Rupert

    Vielen Dank für den sehr guten Blog, du triffst den Nagel genau auf den Kopf! Antidepressiva sind kein Allheilmittel, es wird aber vielen Menschen eine wirksame Hilfe vorenthalten, wenn mensch sie grundsätzlich verteufelt!

    ((( nur eine kleine Korrektur – trau mich fast nicht, diese Klugscheisserei anzubringen – Psychologen dürfen keine Medikamente verschreiben, da sie ja Psychologie und nicht Medizin studiert haben, Psychiater schon.)))

  • Jürgen

    Gut geschrieben, gut getroffen.
    Könnte mein Werdegang sein. Ich habe meine Medikament gefunden, es hilft mir, es unterstützt mich. Ich bezahle dafür, mit Libido, mit Potenz.
    Ich habe aufgehört darüber nachzudenken . Es ist wie vieles in meinen Leben. Es ist halt vorbei.

  • Micha

    Ich fühle mit dir. Auch bei mir kam es zu Gewichtszunahme, aber auch ich entschied mich für das Medikament, da es mir damit besser geht. Da ist mir die Nebenwirkung zweitrangig

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