Depression

Triggerwarnung: Depression, Notlügen, Panikattacken und Suizidgedanken.

Vorab ein wichtiger Hinweis: Da ich hier über meine Depression schrebe und dieses durchaus auch sensible Themen beinhaltet, möchte ich im Vorfeld eine Triggerwarnung aussprechen. Wenn du psychisch nicht stabil bist z.B., dann würde ich dir empfehlen diese Folge auszulassen und erst zu lesen, wenn du wieder fit genug dafür bist.

So, dann starten wir mal durch.

Gehen wir in der Zeit zurück, da wo ich die Diagnose bekam, dass ich an mittelschwerer bis schwere Depression erkrankt bin. Ja ich bin erkrankt, denn Depression ist eine anerkannte Krankheit und keine Willensentscheidung der betroffenen Person.

Und obwohl ich diese ärztliche Bestätigung bekam, gab ich nach außen hin nicht zu Depressionen zu haben. Wenn mich jemand gefragt hat, warum ich nicht mehr arbeiten gehen konnte, wurde irgendwas von Bluthochdruck und Herzbeschwerden erzählt. Das Wort Depression kam nie vor.

Gerade wenn ich ehemalige Arbeitskollegen zufällig beim Einkauf traf, habe ich diese Falschaussagen getroffen. Dabei kamen teilweise Antworten zurück, die ich in dieser Form nicht erwartet hätte. „So gut möchte ich es auch mal haben.“ war einer der meistgegebenen Antworten. Dies bezog sich halt darauf, dass ich zwischenzeitlich eine Erwerbsminderungsrente bekam und nicht mehr arbeiten gehen konnte bzw. musste.

Das eine solche Aussage mich jedes Mal getroffen hatte, dürfte klar sein. Es klang halt so, egal welche Krankheit du hat, es ist immer noch besser als arbeiten gehen zu müssen.

Doch warum log ich und sagte nicht, dass ich Depressionen habe?

Na ja, so richtig gelogen war es ja nicht. Ich hatte ja damals mit Bluthochdruck zu kämpfen und wie sollte ich Depressionen beschreiben? Ich wusste zu diesem Zeitpunkt ja selber nicht, wieso und warum es mir psychisch immer wieder so schlecht ging. Also nahm ich diese Notlüge und sie wurde meine ständige Ausrede, warum ich nicht mehr arbeiten gehen konnte.

Ja das mit dem nicht arbeiten zu können, war eine heftige Belastung für mich. Ich habe über 30 Jahre in meinem Beruf gearbeitet und war nun wegen der Depression nicht mehr fähig dazu. Anfangs dachte ich noch, dass nach ein paar Wochen das wieder vorbei sei, etwas Therapie und ein passendes Medikament und ich kann wieder ins Arbeitsleben zurückkehren. Doch je länger diese Krankheit von mir Besitz nahm, desto weniger sah ich eine Chance wieder in Lohn und Brot zu stehen.

Das war eine echt heftige psychische Belastung neben der eigentlichen Depression. Ich musste mir eingestehen nicht mehr für den Lebensunterhalt unserer Familie aufkommen zu können. Denn wer meint mit einer Erwerbsminderungsrente könnte man noch große Sprünge machen, den muss ich sagen, dass dieses nicht der Fall ist.

Doch kommen wir zurück zum eigentlichen Thema, warum sagte ich nicht, dass ich Depressionen habe? Ich denke das ist relativ schnell erklärt. Erstens war mir in den Anfangsjahren es nicht möglich diese Krankheit zu beschreiben. Ich wusste selbst nicht wie mir geschah. Sicher, Therapeuten und Ärzte versuchten mir die Situation zu erklären, aber diese Erklärungen waren halt medizinisch erklärt und halfen mir nicht unbedingt dabei, sie für mich und meinem Umfeld erklärbar zu machen. Nach außen hin zog ich eine Maske auf, auch wenn es mir nicht so gut ging. Ich wollte einfach nicht in diese Erklär Not mich versetzen. Denn wie beschreibt man Depressionen, wenn man selbst noch nicht weiß, wie diese jeweils auf mich eindringt und mich gefangen nimmt? Ich trage ja keinen Verband und auch kein Röntgenbild macht diese Krankheit sichtbar und damit erklärbar. Also habe ich mir ein Notprogramm mit dem Bluthochdruck und den Herzproblemen erstellt, mit dem ich draußen in der Realität leben, bzw. überleben konnte.

Im Laufe der Zeit versuchte ich auch mich diversen Kontakten zu entziehen. Wenn ich z.B. einkaufen gegangen bin, peilte ich wie mit einem ständigen Radar, ob eine mir bekannte Person im nächsten Gang vielleicht sein konnte. Kam dieses wirklich mal vor, schlug die Panik in mir zu und ich flüchtete aus dem Geschäft, ohne den Einkauf zu beenden. Ihr könnt euch sicher vorstellen, wie stressig das damals war. Auch ging ich nicht mehr in der Öffentlichkeit spazieren. Ich wollte sicher gehen, keine bekannte Person zu treffen und mich erklären zu müssen, wie es mir geht. Ich wollte auch nicht mehr diese Notlüge von wegen Bluthochdruck usw. verwenden. Ich wollte nur noch meine Ruhe haben.

Wenn ich mal irgendwo spazieren gegangen bin, weil mir daheim die Decke auf den Kopf fiel, war ich selbst dort in der Natur immer in Alarmbereitschaft. Sah ich von weitem eine Person die auf demselben Weg wie ich mir entgegenkam, löste das sofort einen Fluchtreaktion aus und ich schaute mich um, ob es eine Abzweigung gab, die ich nutzen konnte, um dieser Begegnung aus dem Wege zu gehen. Dabei war mir es zwischenzeitlich egal ob ich diese Person kannte oder nicht. Gab es diese Abzweigung vor mir nicht wuchs die Panik in mir so stark an, dass ich mich umdrehte und flüchtete. Manchmal gab es dabei Situationen, dass vor wie auch hinter mir Personen gingen und keine Lösungswege für mich vorhanden waren. Dann schlug ich meinen Weg quer über das Feld oder quer durch den Wald ein. Nur nicht diesen Personen begegnen wollte ich nicht und die Panik trieb mich zu diesen Fluchtreaktionen.

So kam es dazu, dass ich selbst diese Spaziergänge immer weniger unternahm und mich weiter zu Hause begrub. Nach draußen gehen wurde langsam, aber sicher eine sehr große Hürde für mich. Die Depression hatte mich zwischenzeitlich so weit im Griff, dass ich auch keine lächelnde Maske mehr aufsetzen konnte für mein Umfeld. Ich hatte keine Kraft mehr und deswegen beschloss ich nicht mehr rauszugehen. Kam mal einer meiner Freunde zu Besuch musste meine Frau ihn an der Tür abwimmeln oder ich machte einfach die Tür nicht auf. Auch ans Telefon ging ich nicht mehr. Ich wollte nichts mehr von der Außenwelt wissen. In mir war nur noch völlige Leere und wenn dann kam nur diese Panik hoch, wenn das Telefon oder die Türklingel am Läuten war. Ansonsten störte es mich nicht einmal, dass ich nicht mehr raus ging. Ich hatte keinen Antrieb mehr und wollte nicht mehr mit anderen Personen mich treffen, auch nicht mit meinen besten Freunden nicht.

Ich lag zu dieser Zeit viel im Bett oder auf der Couch. Selbst der Computer und das Internet waren mir zu anstrengend. Nur noch liegen und warten das der Tag vorüber ging, so war mein Leben damals. Das dabei der Gedanke an einen Suizid hochkam, war fast schon eine logische Schlussfolgerung. Denn ich war zu nichts mehr zu gebrauchen. Auch die Gefühle zu meiner lieben Ehefrau und unseren Kindern waren nicht mehr vorhanden. Also wozu lebe ich noch? Es gab keinen wirklichen Grund damals für mich.

Das es damals nicht zu einem Suizid kam, verdanke ich aus der heutigen Sicht Gott bzw. Jesus Christus. Manche mögen darüber nur lächeln, für mich steht das aber ohne Frage fest.

Wenn ich das hier so erzähle, gerate ich natürlich auch in Gefahr, dass die Depression mit einem Schub oder einer Episode zuschlägt. Immerhin grabe ich gerade in den tiefsten Gefilden meiner kranken Seele. Aber ich weiß halt zwischenzeitlich das darüber reden oder schreiben, mir schlussendlich guttut. Und das andere betroffene Menschen sehen, dass sie nicht allein mit dieser Krankheit sind. Denn das meint man sehr oft in der Anfangszeit. Ich verheimliche nicht mehr, dass ich Depressionen habe, warum auch. Es ist eine anerkannte Krankheit und wer damit nicht klar kommt dann ist das sein oder ihr Problem. Ich setze keine lächelnde Maske mehr auf, sondern sage klar, wenn es mir nicht gut geht. Aber ich stehe auch dazu, wenn es mir relativ gut geht. Denn das habe ich mir lange selbst nicht erlaubt. Diese ganze Entwicklung hat Jahre gedauert und trotzdem kann ich heute sagen das es sich gelohnt hat.

An dieser Stelle möchte ich allen betroffenen Personen zusprechen, holt euch fachliche Hilfe! Ihr müsst nicht allein dieser Krankheit begegnen.

In diesem Sinne mache ich für heute mal Schluss und wünsche euch eine gute Zeit. Tschüss.

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