Depression

Depression: Klare Grenzen ziehen.

Sich zu seiner Krankheit (ja, Depression ist eine Krankheit!) bekennen ist nicht wirklich leicht. Es gibt kein Röntgenbild, keine MRT-Aufnahme, oder ein Verband, der dieses „beweisen“ kann. Um so schwerer tut man sich damit. Dazu kommt noch das die Krankheit einem suggeriert, dass man zu nichts nutze sei und anderen Menschen nur den Sauerstoff stehlen würde. So war es jedenfalls bei mir in den Anfangsjahren.

Als ich die Diagnose erhielt, dass ich an PTBS (Posttraumatische Belastungsstörung) und mittelschwerer bis schwerer Depression leiden würde, versuchte ich gleich dieses offen zu kommunizieren. Ich kannte diese Krankheit aus dem näheren Umfeld und wusste das ein Verheimlichen keinen Sinn macht und mir nur noch mehr Kraft kosten wird, die ich sowieso nur noch begrenzt vorrätig hatte.

Viele, eigentlich alle aus meinem Umfeld konnten mit dieser Krankheit nichts anfangen. Sie ist halt nicht „greifbar“ und somit schwer zu erklären. In den Anfangsjahren wusste ich selbst nicht was da mit mir passiert, wie sollte ich es also Familie (Eltern und Brüdern), Freunden und Bekannten vermitteln, was da mit mir passiert? Schlimmer als die gut gemeinten Ratschläge wie „Geh mehr raus unter Leute“ waren die Unterstellungen ich würde das nur simulieren, um auf der faulen Haut zu liegen. Von dieser Seite her kamen Sätze wie „Die fehlt nur mal ein richtiger Tritt in den Arsch, dann läufst du wieder Rund“ oder ich wurde als Sozialschmarotzer tituliert.

Gerade diese Reaktionen brachten mich dazu, mich immer weiter zurückzuziehen. Ein Teil von meinen Freunden zog sich auch von mir zurück, da sie einfach nicht wussten, wie sie mit mir und meiner Erkrankung umgehen sollten. Auch das brachte mich dazu, selbst in den Rückwärtsgang zu schalten und auch nicht mehr auf Geburtstagen oder so anwesend zu sein.

Erst nach Jahren der Therapie gelang es mir, die Menschen, die aus Unwissenheit redeten von den Menschen zu unterscheiden, die mir eine betrügerische Absicht unterstellten. Diese zweite Kategorie war absolut toxisch für mich und so blieb mir nichts andere über, mich von diesem Menschen (Eltern und Brüdern) zu distanzieren. In einem Brief versuchte ich noch mal meine Situation ihnen näher zu bringen, doch die Anschuldigungen wurden nur noch härter und böser.

Ab dieser Zeit habe ich meine Grenze zu diesen Menschen gezogen, was nicht leicht war, aber sie waren einfach nicht bereit zu erkennen, dass ich krank bin. Diese Grenze bedeutete den totalen Kontaktabbruch mit meiner Familie. Ich habe lange damit gehadert, ob das nicht zu extrem sei, doch am Ende musste ich erkennen, dass diese Menschen Gift für meinen Heilungsprozess sind.

Diese Grenze besteht auch heute noch und diese zu ziehen war richtig, richtig für mich!

4 Kommentare

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    Jürgen Libertus

    Hallo Holger,
    Manchmal ist es besser Kontakte einfach zu beenden. Wer so ignorant ist, hat es nicht anders verdient, meine Frau spricht seit 12 Jahren keinen Ton mehr mit ihren Eltern. Zuviel Porzellan wurde zerbrochen, zulange versucht alles irgendwie in‘s reine zu bringen. Dann ist es besser den Kontakt abzubrechen, es wird dann besser.

    Grüße,
    Jürgen

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    Thomas

    Hallo Holger,
    auch ich habe den Kontakt zu meinen Eltern nach verschiedensten Eklats vor vielen Jahren abgebrochen. In zwischen ist mein Vater verstorben. Auch dies habe ich nur über das Gericht erfahren.
    Es mag anfangs schwierig erscheinen, langfristig war es für mich eine wichtige und sehr richtige Entscheidung. Auch Rückmeldungen von mir geschätzten Personen bestätigen dies. Seit dieser Zeit achte ich vermehrt auf die Auswahl und Kontakte zu Freunden und Bekannten. Im Gegensatz zur Familie kann ich hier auswählen.
    Dies hat viel Ruhe in mein Leben gebracht.
    Lieber eine Freundschaft weniger und klare Grenzen!
    Grüße, Thomas

    • Holger

      Holger

      Lieber Thomas, auch bei mir ist mein Vater zwischenzeitlich verstorben.
      Das hat mich schon geschmerzt, da auch er irgendwie gefangen war in einer toxischen Beziehung zu meiner Mutter.
      Aber schlussendlich war meine Entscheidung richtig, richtig für mich.

      Gruss

      Holger

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