Depression

Depressionen: Wenn sich Familie und Freunde abwenden.

Da bin ich schon wieder zurück, schneller als gedacht. Ich sollte mir keinen Druck machen, wie oft ich was schreibe. Klingt manchmal leichter als es ist. Nun aber zu dem neuen (sehr persönlichen) Text von mir.

Heute schneide ich mal ein Thema an, das mich selbst stark getroffen hat. Nicht nur getroffen, sondern auch betroffen gemacht hat. Das sich Abwenden von der eigenen Familie und guten Freunden.

Als meine Diagnose feststand dachte ich für mich, dass ich endlich auch gegenüber meiner Familie (Eltern und Brüdern) etwas „Handfestes“ hätte, das meine Situation erklärt.

Also schön fachlich/sachlich erklärte ich ihnen, dass ich eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) und dadurch mittelschwere bis schwere Depressionen habe. Eine ärztliche Diagnose von einem Facharzt, der gleich einen stationären Aufenthalt in einer Fachklinik für nötig erachtet hat. Endlich wusste ich was mit mir los ist, dass es eine anerkannte Krankheit ist und nicht nur ein „Unwohlsein“. Endlich konnte ich meinem Umfeld sagen was mit mir nicht stimmt und dass ich fachliche Hilfe benötige.

Die Reaktion meines Umfeldes (besonders von meiner Familie) war mehr als ernüchternd. So wurde mir unterstellt das ich das Ganze nur vortäusche, um schneller in die Rente zu kommen. Eine Art Sozialschmarotzer wäre ich. Na klar, nach über 31 Jahren Berufsleben in einem Beruf, der mir Spaß gemacht hat, ist das doch logisch, oder?

Hier wurde mir klar, dass diese Personen einfach nichts mit dieser Krankheit anfangen konnten/wollten. Wobei ich hier unterstelle, dass sie es nicht wollten. Ihr Blick in ihrer Bubble ging über den eigenen Tellerrand nie hinaus. Als dann später noch meine Frau bezichtigt wurde mir diesen Sozialschmarotzer ins Ohr geflüstert zu haben, dann war für mich Schluss. Ich schrieb einen Brief an meine Eltern (eher an meine Mutter, die die treibende Kraft war) um noch mal meine Situation zu erklären und dass ich mich bedingt deren Reaktion ich mich von dieser, meiner Familie zurück ziehen werde.

Es war für mich die einzige Chance, den Blick auf mich und meine Krankheit und dessen Behandlung zu werfen, ohne immer wieder diese Vorwürfe hören zu müssen, die mir geschadet haben. Die letzte Nachricht kam von meinem älteren Bruder, der meinte „Wenn du wieder klar im Kopf bist, kannst du dich ja wieder melden.“ Das war der letzte Kontakt zu meiner Familie. Dieses liegt nun schon viele Jahre zurück. In der Zwischenzeit ist mein Vater gestorben, wovon ich erst viel später erfahren habe.

Sicher, immer wieder kam die Frage hoch, ob diese endgültige Trennung nötig war. Ich stelle mir manchmal auch heute noch diese Frage. Doch so hart und schmerzlich es war diese Entscheidung zu treffen, war sie doch richtig … richtig für mich.

Auch der Freundeskreis hat sich extrem gewandelt. Viele haben sich von mir abgewendet, ganz einfach aus dem Grund, dass sie mit dieser Krankheit nichts anfangen konnte. Damals tat das sehr weh, heute kann ich es besser verstehen. Ich wusste ja lange Zeit nicht was mit mir los ist und wie hätte ich dann es jemand anderen es erklären können? Heute habe ich ein paar wenige Freunden, richtige Freunde, die mich auch mit dieser Krankheit akzeptieren, denn mehr erwarte ich gar nicht.

Heute habe ich neben meinen Freunden meine eigene Familie um mich herum, die zu mir stehen, auch wenn sie nicht immer verstehen, was es heißt Depressionen zu haben. Das, was sie verstehen, ist das diese Krankheit Scheiße ist und einen Menschen fertig machen kann. So ist es auch mit meinem kleinen, aber feinen Freundeskreis. Die Menschen, die einfach es akzeptieren, wenn ich nicht vorbeikomme, oder jemanden in die Wohnung reinlasse, weil es mir schlecht geht. Ich erwarte auch keine Hilfe von diesen Menschen, aber was ich erfahren durfte, dass diese Menschen für mich da sind, auch wenn ich einen depressiven Schub, oder eine depressive Episode habe. Das allein hilft schon. Denn die Depression versucht immer wieder mir klarzumachen, dass ich alleine bin und das ist halt nicht die Wahrheit.

Heute kann ich ganz gut leben mit dieser Krankheit, auch wenn sie trotzdem sehr hart mit mir manchmal umgeht. Ich habe gelernt die Zeiten dazwischen zu genießen, zu lachen und zu lieben.

Das Leben besteht nun mal aus stetiger Veränderung. Wenn also manche Menschen für einen eher toxisch sind, macht es Sinn sich von diesen Personen zu distanzieren. Dabei ist es egal ob es Familie oder Freunde sind. Heute verlasse ich diese Personen und gehe lieber auf die Suche nach Menschen, die mich als einen Menschen mit der Diagnose Depression akzeptieren, Punkt. Auch hier trifft der Spruch zu: „Weniger ist mehr!“

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